Hochspannungs-Netzteil

Avatar-FotoVeröffentlicht von

📊 Seitenaufrufe: 877

Für einige Versuche mit statischer Elektrizität benötigte ich ein Netzteil, welches eine potentialfreie* Hochspannung von bis zu 30 kV DC liefern kann. Im Folgenden beschreibe ich den Selbstbau eines derartigen Gerätes.

(* Die beiden Ausgänge des Netzteils sind zur Spannungsmessung nur mit jeweils ca. 10 GΩ nach Erde verbunden, sind im Sinne des üblichen Anwendungsfalls also quasi „floatend“.)

Die Platinen und einige Gehäuseteile wurden natürlich mit meiner Selbstbau-CNC gefertigt! 🙂

Es gibt übrigens auch einen Diskussionsthread zu diesem Netzteil im Forum.

Warnung Im Falle eines Nachbaus und Betriebs dieses Netzteils kann ich keine Haftung für eventuell daraus resultierende Sach- oder gar Personenschäden übernehmen. Ich verweise an dieser Stelle deutlich auf die von mir vor vielen Jahren formulierten Warnhinweise, welche auch bei diesem Projekt geboten sind!

Hinweis Bei allen nachfolgenden Produktlinks handelt es sich ausdrücklich nicht um Affilitate-Links.

Update 2021: Hier findet das HV-Netzteil als Ozon-Generator seine Anwendung! 😀

HV-Verbinder

Seit längerer Zeit lagen bei mir zwei Hochspannungs-Verbinder (Buchsen + Kabel) herum, welche ich seinerzeit im Forum ergattern konnte. Die fand ich so kultig, dass ich unbedingt ein Netzteil drumherum bauen musste. 🙂

Besonders gefällt mir, dass der Steckerpin nicht einfach nur in eine Buchse gleitet, sondern diese zusätzlich von einem Keramiktubus umschlossen wird, welcher vom Stecker aus 23 mm tief in der Buchse verschwindet. Dadurch ist der hochspannungsführende Pin bestmöglich vom Gewinde der Buchse und somit auch vom restlichen Gehäuse isoliert.

Die Verbinder sind laut Aufdruck eigentlich nur für Spannungen bis 6 kV zugelassen und der Kabel- bzw. Pin-Querschnitt deutet auf den Einsatz in Hochstrom-Anwendungen hin. Dennoch scheinen mir die Isolationsabstände sehr großzügig dimensioniert, sodass ich mich für den Einsatz dieser Verbinder auch im Bereich oberhalb von 6 kV — in diesem Fall bis zu 30 kV — entschied. Dies funktioniert soweit problemlos!

Ich überlege aber bereits, ob und wie man neue „Ersatz“-Stecker 3D-drucken könnte… 😉 Dann könnte jeder experimentelle Aufbau ein eigenes Paar HV-Kabel bekommen. Bislang sind die Verbinder ja Unikate in meiner Sammlung…

Gehäuse und Netztransformator

Auf einem Flohmarkt konnte ich ein kleines Alu-Gehäuse erstehen, welches als mechanische Basis für das zu konstruierende Netzteil dient. Die Front- und Rückplatte habe ich mit meiner Selbstbau-CNC bearbeitet — dort findet sich auch ein kurzes Video vom Fräsvorgang für die Front- und Rückplatte.

Die Frontplatte beherbergt den Netzschalter, ein Poti zum Einstellen der Ausgangsspannung, ein analoges Einbauinstrument (0…50 V), Kunststoffbolzen zur Halterung der Voltmeter-Büchse sowie zwei Ausschnitte für die beiden Hochspannungs-Verbinder.

Da beim Kauf des Gehäuses keine Rückplatte mit an Bord war, wurde diese kurzerhand aus einem 2 mm starken Alublech aus dem Baumarkt ausgefräst. (Passt gerade so noch auf die CNC! 😀) Es wurde eine Aussparung für den Netzfilter (mit Sicherungshalter + Schalter) sowie ein Befestigungsloch für den verwendeten Ringkerntransformator vorgesehen.

Das Gehäuse ist über den Kaltgerätestecker-Netzfilter (mit Metallrückwand) großzügig geerdet.

Der 50 W-Ringkerntransformator lag bei mir noch herum und hat zwei Wicklungen à 12 V, 2 A. Beide Wicklungen wurden in Reihe geschaltet, um gleichgerichtet auf insgesamt rund 30 V Versorgungsspannung für das Mainboard zu kommen.

HV-Transformator

Als Hochspannungs-Transformator verwende ich einen AC-Zeilentrafo vom High Voltage Shop (AT). Mit diesem lässt sich eine Wechselspannung von nominal bis zu 15 kVpp erzeugen.

Die selbstgewickelte Primärspule besteht aus zwei gegensinnigen Wicklungen à 6 Windungen, welche vom Mainboard in einer Art Push-Pull-Betrieb abwechselnd getrieben werden. Als Schalter kommen zwei MOSFETs zum Einsatz, welche mit einer Frequenz von 16,5 kHz abwechselnd durchgeschaltet werden.

Die exakte Oszillatorfrequenz habe ich durch Ausprobieren ermittelt, um eine möglichst große Überschlagsfrequenz bei gleichzeitig möglichst breiter Funkenstrecke zu erzielen — siehe Erste Tests.

Ansteuerungsprinzip

Wenn ein Schalter geschlossen wird, steigt der Strom in der entsprechenden Primärwicklung an und im Transformatorkern wird ein Magnetfeld aufgebaut. Beim abrupten Öffnen des Schalters bricht dieses Magnetfeld schlagartig zusammen und erzeugt primärseitig eine Selbstinduktionsspannung von bis zu 600 V, was auf der Sekundärseite die Induktion einer noch sehr viel höheren Spannung zur Folge hat. Gleichzeitig schaltet der jeweils andere MOSFET durch und der gesamte Vorgang wird mit umgekehrter Polarität erneut durchlaufen.

(Dämlicherweise habe ich ursprünglich noch Freilaufdioden über den Primärwicklungen mit eingeplant, eingebaut und mich über den mickrigen Output gewundert — dabei kann dies aus den oben genannten Gründen natürlich nicht funktionieren!)

Das exakte Einstellen der Ausgangsspannung erfolgt durch Ändern der Versorgungsspannung im Bereich von 0 bis 30 V. Dies geschieht mit einem DC-DC-Wandler auf dem Mainboard, dessen Ausgangsspannung über das frontseitige Poti geregelt wird.

Ansteuerung des AC-Zeilentrafos im quasi-Push-Pull-Betrieb.

Durch die primärseitige Mittelanzapfung und die beiden nach Masse schaltenden MOSFETs erinnert das Ansteuerungsprinzip ein wenig an das der altbekannten ZVS-Schaltung, mit welcher sich sehr hohe Ausgangsleistungen erzielen lassen. Zugunsten einer besseren Steuerbarkeit (bei konstanter Frequenz) habe ich mich allerdings gegen die Verwendung der selbstschwingenden ZVS-Schaltung entschieden.

Ausgangsschaltung

Die Ausgangsschaltung dient der Verdopplung, Gleichrichtung und Strombegrenzung der Wechselspannung, welche vom HV-Transformator geliefert wird. Sie ist in einer biligen Aufputzdose aus dem Baumarkt seitlich am Gehäuse untergebracht und wird später durch Kunststoffbolzen mit genügend Abstand vom Gehäuse isoliert gehalten.

Fertig ist das „Jetpack“! 😀

Greinacher-Schaltung

Die Wechselspannung des Hochspannungs-Transformators wird also zunächst über eine Greinacher-Schaltung verdoppelt, gleichgerichtet und gefiltert. Als Kondensator verwende ich zwei 570 pF / 40 kV Keramik-„Doorknobs“, welche ich vor geraumer Zeit einmal für ca. 5 € / Stück auf Ebay erstand. Ebenfalls von Ebay (China) sind die Dioden des Typs CL01-12, von denen jeweils zwei in Reihe geschaltet wurden. Obwohl jede Diode nominal nur bis 12 kV spezifiziert ist, halten sie erfahrungsgemäß aber auch etwas höhere Spannungen aus, in diesem Fall also insgesamt 30 kV statt 24 kV.

Strombegrenzung

Der Ausgang der Greinacher-Schaltung ist außerdem über zwei 10 MΩ-Widerstände (Bezugsquelle: Siehe Spannungsteiler) strombegrenzt, d.h. bei einer Spannung von 30 kV über dem internen Ausgangskondensator kann ein maximaler Kurzschlussstrom von 1,5 mA fließen. Aufgrund der großen Serienwiderstände bricht die Ausgangsspannung bereits bei geringen Strömen deutlich ein. Diese fehlende „Steifigkeit“ des Netzteils ist gewollt und dient vorwiegend der Sicherheit!

Der maximale Kurzschlussstrom von 1,5 mA ergibt sich rein rechnerisch und gilt nur während des Entladungsimpulses des Ausgangskondensators; die Zeilentrafo-Ansteuerung wird diesem Strom kaum dauerhaft aufrechterhalten können. (Das wären 45 W Dauerleistung, so gut kann der Wirkungsgrad niemals sein.)

Den real erreichbaren Ausgangsstrom des AC-Zeilentrafos habe ich nicht gemessen, dieser dürfte bei 30 kV erfahrungsgemäß jedoch in der Größenordnung von 0,5 mA liegen. (Dies entspräche einer realistischen Dauerleistung von 15 W.)

Hinweis Die beiden Widerstände sind jeweils nur bis 5 W spezifiziert, im langanhaltenden Kurzschlussbetrieb könnten sich diese also stark aufheizen. Wenn man also nicht gerade die Heißkleberversiegelung wieder aufschmelzen möchte, sollte dieser Betriebszustand möglichst vermieden werden! 😉

(Auf den obigen Fotos sind noch die anfänglich verbauten 100 MΩ-Widerstände zu sehen, welche sich allerdings als zu hoch dimensioniert herausstellten!)

Voltmeter

Das Hochspannungs-Voltmeter erweitert den Messbereich eines analogen Einbauinstruments zur Spannungsmessung um den Faktor 10.000. Dazu sind ein Spannungsteiler und eine Verstärkerschaltung in einer separaten Box (ebenfalls eine bilige Aufputzdose aus dem Baumarkt) an der Frontplatte des Gerätes untergebracht. Die Verstärker-Platine wird mit zwei Schrauben direkt von hinten auf die beiden Kontakte des Einbauinstruments aufgeschraubt.

Das Netzteil liefert zwar nur eine maximale Spannung von 30 kV, doch das verwendete Einbauinstrument mit einer Skala von 0…50 V hatte ich bereits auf Halde liegen und ein wenig Headroom kann ja nicht schaden. 🙂 Das Präfix „k“ habe ich nachträglich selbst auf die Skala aufgeklebt.

Das Hochspannungs-Voltmeter besteht insgesamt aus einem sehr hochohmigen Spannungsteiler, einem Instrumentenverstärker und einer Treiberschaltung zur Versorgung des analogen Einbauinstruments. Die Verstärker werden vom Mainboard mit ±15 V versorgt, die Treiberschaltung mit großzügigen 100 V DC.

Spannungsteiler

Der Spannungsteiler ist symmetrisch (zweisträngig) und zweistufig aufgebaut. Die erste, „grobe“ Stufe setzt die Spannung um ca. den Faktor 1000 herunter, aus 50 kV werden also 50 V. Die zweite, „feine“ Stufe teilt die Spannung dann noch einmal um ca. den Faktor 10 herunter, diesmal mit der besseren Präzision von Metallschicht-Widerständen. (Der Teilerfaktor der ersten Stufe ist etwas größer als 1000, der Teilerfaktor der zweiten Stufe ist etwas kleiner als 10 — insgesamt ergibt sich rechnerisch gemäß der weiter unten im Schaltplan gezeigten Dimensionierung ziemlich genau der Faktor 10.000!)

Die in der ersten Spannungsteiler-Stufe eingesetzten 10 GΩ-Widerstände¹ und 10 MΩ-Widerstände habe ich von einem Ebay-Händler (DE) gekauft. Die beiden in der zweiten Spannungsteiler-Stufe eingesetzten 82 MΩ-Widerstände habe ich für rund einen Euro pro Stück von einem französischen Ebay-Händler beziehen müssen. (Ich weiß überhaupt nicht, warum die so schwer beschaffbar sind…)

¹ Der Link zum Artikel ist leider nicht verfügbar: https://www.ebay.de/itm/2x-Hochspannungswiderstand-20kV-10GOhm-10W-Spannungsteiler-HighVoltage-Resistor/202828886065

Bei einer Spannung von 50 kV würde bei dieser Dimensionierung der Teilerwiderstände ein Querstrom von 2,5 µA fließen, d.h. 125 mW würden im Teiler verheizt werden. Die verwendeten Hochspannungs-Widerstände sind bis 5 W bzw. 10 W spezifiziert. Somit wird es an dieser Stelle zu keinen thermischen Problemen kommen.

Um die gesamte Spannung über dem Teiler zu erhalten, werden die Spannungen des positiven und des negativen Strangs anschließend mittels eines Instrumentenverstärkers voneinander abgezogen. Durch den symmetrischen (zweisträngigen) Aufbau funktioniert das Voltmeter selbst dann noch, wenn einer der beiden Ausgangspole geerdet wird! 🙂

Die Spannung des Ausgangskondensators (hier als 50 kV-Spannungsquelle dargestellt) teilt sich immer gleich über beiden Strängen oder über dem jeweils nicht nach Masse kurzgeschlossenen Strang auf. Am Ende sieht der nachgeschaltete Instrumentenverstärker immer die gleiche differenzielle Teilerspannung:

Spannungsquelle beidseitig „offen“, beide Stränge des symmetrischen Spannungsteilers aktiv:
2.5 V – (-2.5 V) = 5 V
Spannungsquelle einseitig geerdet, d.h. nur ein Strang des Spannungsteilers aktiv:
5 V – 0 V = 5 V

Instrumentenverstärker und Ausgangstreiber

Die Signale vom Hochspannungs-Teiler müssen sehr hochohmig abgenommen werden; selbst der Eingangwiderstand eines Digitalmultimeters (ca. 10 MΩ) würde den Spannungsteiler in der ersten Stufe (ca. 10 GΩ) zu stark belasten. Hierfür wird ein Instrumentenverstärker (die „naive“ Schaltungsvariante mit etwas schlechterer aber dennoch akzeptabler Gleichtaktunterdrückung) verwendet, d.h. das symmetrische Signal vom Spannungsteiler wird über zwei Elektrometer-Verstärker (Impedanzwandler) einem Subtrahierer zugeführt.

Das Einbauinstrument besitzt einen Innenwiderstand von 50 kΩ, es zeigt bei einem Strom von 1 mA also eine Spannung von 50 V an. Somit kann es einfach mittels einer spannungsgesteuerten Stromquelle angesteuert werden, was eine leicht zu realisierende Low-Side-Strommessung erfordert. Als Shunt dient ein 5 kΩ-Widerstand (hier in Form zweier paralleler 10 kΩ-Widerstände), durch den bei einer Steuerspannung von 5 V (entspricht 50 kV Eingangsspannung) also ein Strom von 1 mA fließen würde.

Für diesen Ausgangstreiber in Form einer spannungsgesteuerten Stromquelle wird ein zusätzlicher Operationsverstärker benötigt. Als Ausgangstransistor wird ein MPSA42 verwendet, welcher einer Kollektor-Emitter-Spannung von bis zu 300 V standhält und z.B. bei Reichelt erhältlich ist.

Letztendlich benötigt das Hochspannungs-Voltmeter insgesamt vier Operationsverstärker, wie sie z.B. im verwendeten TL084 vorzufinden sind:

Zweite Stufe des Spannungsteilers, Instrumentenverstärker und spannungsgesteuerte Stromquelle.

Sicherheitshalber habe ich den beiden Eingängen der Schaltung noch jeweils einen 50 V-Varistor (VDR) spendiert, um diese vor eventuellen Spannungsspitzen zu schützen. Im normalen Betrieb traten bislang jedoch keinerlei Störungen auf.

Download

Den Schaltplan und das Layout im EAGLE-Format gibt es hier zum Download:

Download “HV-Netzteil-Voltmeter”

HV-Netzteil-Voltmeter.zip – 810-mal heruntergeladen – 14,84 kB

Mainboard

Das Mainboard beherbergt den Gleichrichter + Sieb-Elkos, die beiden Treiber für den HV-Transformator, den Oszillator (einstellbar im Bereich 4…56 kHz), zwei DC-DC-Wandler mit LM2596 und ein wenig Zusatzbeschaltung zur Erzeugung der vom Voltmeter benötigten Hilfsspannungen. Ein Kühlkörper (100 mm x 100 mm) sorgt für ausreichende Kühlung der Treiber-MOSFETs und eines weiteren 5 V-Linearreglers.

Sollte jemand das Mainboard 1:1 nachbauen wollen, gebe ich den kompletten Schaltplan und das Layout gerne auf Anfrage heraus!

Für die Sieb-Elkos hatte ich nur 2x 1000 µF auf Lager, was ein wenig sparsam dimensioniert ist. So komme ich auf ca. 2 Vpp Ripple auf der ungeregelten 30 V-Schiene, was für die restlichen, spannungsgeregelten Schaltungsteile jedoch keinerlei Problem darstellt.

Die einstellbare Versorgungsspannung von 0 bis 30 V wird von einem der beiden DC-DC-Wandler erzeugt, wobei der entsprechende Spindeltrimmer einfach von der Platine entfernt und stattdessen durch eine Verbindung zum frontseitigen 10 kΩ-Potentiometer ersetzt wurde.

Verbaut und hier zu sehen ist übrigens das Mainboard der 2. Generation. In der vorigen Version wollte ich die 0…30 V, die 12 V- und die 5 V-Schiene mit Linearreglern (LM338, 7812 und 7805) realisieren. Diesen naiven Ansatz musste ich aufgrund der enormen thermischen Anforderungen und des sich im Gehäuseinnern einstellenden Platzmangels aber sehr schnell wieder verwerfen!

Insgesamt bin ich sehr froh, dass die Lösung mit den DC-DC-Wandlern problemlos funktioniert. Den gesamten Betriebsstrom der Schaltung habe ich zwar nicht gemessen, aber mehr als die vom Ringkerntransformator maximal lieferbaren 2 A können es nicht sein und somit werden die Wandler noch innerhalb ihrer Spezifikationen betrieben.

Treiber

Jeder der beiden Treiber besteht aus einem IRF840-MOSFET (maximale Drain-Source-Spannung: 500 V) in Source-Schaltung („Zerhacker“) und einer vorgeschalteten Push-Pull-Gatetreiberstufe mit dem komplementären Transistor-Pärchen BD139/BD140 als Impedanzwandler.

Hinweis Die verwendeten MOSFETs (welche ich noch auf Lager hatte) sind in ihrer Spannungsfestigkeit leicht unterdimensioniert, siehe Ansteuerungsprinzip! Sollte ein Defekt auftreten, werde ich beide gleich durch z.B. 800 V-Typen ersetzen.

Schalt-MOSFET mit Gatetreiber und Schutzbeschaltung.

Oszillator

Der Oszillator verwendet einen NE555 in 50%-Duty-Cycle-Konfiguration mit nachgeschaltetem Inverter. Die Versorgung erfolgt mittels 12 V von einem weiteren DC-DC-Wandler auf dem Mainboard.

Oszillator und Inverter.

Berechnung der Oszillatorfrequenz mittels C9, (R11+POT1): Siehe 555 Oscillator Tutorial, Abschnitt 50% Duty Cycle Frequency Equation.

Hilfsspannungen

Die Voltmeter-Platine benötigt ±15 V (max. 8 mA pro Rail) zur Versorgung der Operationsverstärker. Der dafür eingesetzte DC-DC-Wandler CMR0515S3C wird ebenfalls von der 12 V-Schiene versorgt, allerdings mit dem Umweg über einen 5 V-Linearregler (7805). (Der Linearregler findet großzügigerweise ebenfalls auf dem großen Kühlkörper Platz, obwohl er nur rund 340 mW verheizt.)

Zudem benötigt das Voltmeter eine Spannung, die mindestens den vorgesehenen Nutzbereich der Skala abdeckt — in diesem Fall 100 V, welche mittels einer zweistufigen Kaskadenschaltung und nachgeschaltetem Einweggleichrichter direkt aus der 24 V-Eingangs-Wechselspannung generiert wird. Ein Entladewiderstand verhindert böse Überraschungen beim Berühren der Platine im ausgebauten Zustand.

Kaskade und Einweggleichrichter mit Entladewiderstand.

Zusammenbau und Inbetriebnahme

Die beiden Treiber, der Oszillator und die Spannungsversorgung wurden zunächst mit zwei kleinen Halogenlampen als Last auf ihre korrekte Funktion hin untersucht.

Erste Tests

Danach wurde der HV-Transformator angeklemmt und die Ausgangsschaltung angeschlossen. Das Ergebnis ist beachtlich wie Ehrfurcht einflößend zugleich, wie der erste Clip des folgenden Videos demonstriert! 🙂

Erste Tests der Ausgangsschaltung des HV-Netzteils.

Der HV-Transformator wurde nach diesem erfolgreichen Test mit der Ausgangsschaltung verlötet und zwei kurze Hochspannungskabel von den Ausgangsbuchsen an das Voltmeter wurden vorbereitet. Das Voltmeter misst also die Spannung direkt an den Buchsen bzw. an der Last, nicht die Spannung über dem internen Ausgangs- bzw. Filterkondensator.

Isolation und Versiegelung

Dann wurde alles zusammen im Gehäuse untergebracht und verlötet. Um Sprühentladungen zu vermeiden, wurden die Ausgangsschaltung sowie das „heiße“ Ende des Voltmeters großzügig mit Heißkleber vergossen! (Ich glaube, es waren 8 Stangen. 🙂)

Die verwendeten, internen Hochspannungskabel sind etwas unterdimensioniert; direkt am Gehäuse anliegende Kabel versprühen eine leichte Korona. Daher habe ich zumindest die Hochspannungskabel vom AC-Zeilentrafo mit Kabelbindern nachträglich noch derart fixiert, dass sie weder einander, noch das Gehäuse berühren.

Die kurzen Messleitungen zum Voltmeter berühren das Gehäuse ebenfalls nicht, jedoch liegen sie eng beieinander. An dieser Stelle wird es also zu einer leichten Korona kommen, mit der ich aber leben kann.

Besondere Hinweise

Die Zeitkonstante von Ausgangskondensator (570 pF) und Spannungsteiler-Widerstand (ca. 20 GΩ) liegt im Bereich von 11 Sekunden, bei einer Verringerung der gewählten Ausgangsspannung sinkt die Spannung im Leerlauf oder an einer ähnlich hochohmigen Last also nur recht langsam ab. Das Voltmeter reagiert also prinzipiell recht träge, wenn das Poti linksherum gedreht wird.

Hinweis Durch ein Kurzschließen der Ausgänge kann der Entladevorgang beschleunigt werden. Hierfür sollte jedoch ausschließlich entsprechend isoliertes Werkzeug oder ein Hochspannungsschalter verwendet werden!

Hinweis Beide Kabelenden sollten vor dem Ein- oder Ausstecken der Hochspannungs-Verbinder — natürlich nur bei ausgeschaltetem Gerät! — sicherheitshalber immer geerdet werden!

Fertiges Gerät

Nach dem Einschalten verströmen die DC-DC-Wandler ihr blaues Licht im Innern des Netzteils. Diese kleinen, blauen Augenbrenner nerven zwar meistens, signalisieren in diesem Fall jedoch immerhin, dass das Netzteil läuft und somit besondere Vorsicht geboten ist!

Ein dritter DC-DC-Wandler wurde außerdem auf einen kleinen Lüfter geklebt, welcher insbesondere den anderen DC-DC-Wandler (0…30 V) auf dem Mainboard kühlen soll. (Das nenne ich mal eine Kühlkette! 😀)

Die Ausgangsspannung lässt sich mit einer halben Poti-Drehung linear von 0 bis 25 kV einstellen; in der zweiten Hälfte der Umdrehung steigt die Spannung nur langsam auf maximal ca. 30 kV. Im Kalten Zustand schlägt die Nadel zunächst bis 31 kV aus, nach kurzer Aufheizzeit pendelt sie sich jedoch bei 28…29 kV ein. Mit einer verbesserten Kühlung ließe sich sicherlich noch mehr rausholen. Die Anzahl der Primärwindungen zu reduzieren wäre allerdings die einfachste Maßnahme, noch ein wenig mehr Ausgangsspannung aus dem Netzteil zu kitzeln!

Auf der Minimaleinstellung (Zeilentrafo-Versorgungsspannung: 1,25 V) liefert das Netzgerät übrigens eine Ausgangsspannung von 358 V und einen Kurzschlussstrom von 50 µA, was relativ ungefährlich ist.

Insgesamt ist das Gerät sehr kompakt (bis auf die klobigen aber dennoch kultigen Steckverbinder) und es erfüllt seinen Zweck bislang tadellos. Ich werde euch an dieser Stelle über zukünftige Hochspannungsexperimente auf dem Laufenden halten! 🙂

4 Kommentare

  1. Ich bezweifle, dass bei der Schaltung wirklich so eine extrem hohe Flyback-Spannung (500V und mehr) auftritt. Die beiden Primärspulen sind ja durch den Kern relativ gut miteinander gekoppelt. Wenn ein Mosfet abschaltet, hat man an dieser Spule eine positive Flyback-Spannung und an der anderen Primärspule eine entegengesetzte Spannung. Sobald die Flyback-Spannung die Betriebsspannung überschreitet (also 60V am Mosfet bei 30V Betriebsspannung), sinkt die Spannung am anderen Mosfet auf Null und die Body-Diode des Mosfets beginnt zu leiten. Die überschüssige Flyback-Energie aus dem Trafo wird dann einfach in die Versorgungsspannung zurückgespeist (wenn die Energie nicht vorher/bei niedrigerer Spannung am Ausgang abgenommen wird). In der Hinsicht würde eigentlich auch ein 100V Mosfet ausreichen.

    Der reale Trafo ist natürlich nicht 100% perfekt und durch Streuinduktivitäten kann kurzzeitig doch eine etwas höhere Spannung erzeugt werden aber das ist nur ein sehr kleiner Bruchteil der gesamten Flyback-Energie und kann wahrscheinlich ohne größere Probleme vom Mosfet (im Avalanche-Betrieb) aufgenommen werden.

    Wenn man sich das Wicklungsverhältnis anschaut (6 primär, 2400 sekundär), kommt man bei 30V am Eingang theoretisch auf 12kV am Ausgang des Trafos (also 24 kV nach der Greinacher-Schaltung). Ist also nicht so weit von der maximalen Ausgangsspannung des Netzteils (ca. 30 kV) entfernt, wirklich hohe Flyback-Spannungen sind für die Funktion des Netzteils also nicht nötig.

    Theoretisch könnte man die Schaltung modifizieren mit je einer Diode in Serie (zwischen Primärspule und Mosfet). Das erlaubt eine negative Spannung an der einen Spule und damit eine höhere Flyback-Spannung an der anderen Spule und man könnte noch deutlich höhere Spannungen erreichen (im Zweifelsfall bis die Isolierung versagt). Alternativ könnte man in die Versorgungsspannung eine Induktivität einbauen (wie auch bei einer ZVS), dann steigt nach dem Abschalten eines Mosfets einfach die Spannung an der Mittelanzapfung und man kann so eine höhere Flyback-Spannung erreichen.

    1. Hey Jakob, herzlichen Dank für für deine weiterführenden Infos zum Funktionsprinzip, und für die Verbesserungsvorschläge! 🙂

      Also ich habe mir die Spannungen damals mit einem Oszi angeschaut, und dort habe ich diese Spannungsspitzen von über 500 V gesehen.
      Wenn ich Lust und Zeit finde, könnte ich das wiederholen und einen Screenshot posten.

  2. Hallo Paul, ist das bei deinem Mosfettreiber so gewollt oder hast du den BD140 verdreht im Schaltplan ? Ich baue den immer mit Emitter zum Mosfet hin ein und Kollektor gegen Masse. Funzt bei mir so bestens oder ist deine Variante besser?

    MfG
    Tim

    1. Hey Tim, vielen Dank für die Anmkerkung! Du hast vollkommen recht, ich habe es im Schaltplan falsch eingezeichnet. Habe ich jetzt korrigiert! 🙂 Beste Grüße!

Schreibe einen Kommentar zu Paul Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert